Sonstiges

Die Beerdigung

Innerlich aufgefühlt stand sie am Bahnhof und blickte sich suchend nach ihrer Schwester um. Diese und deren Freund sollten sie hier abholen und gemeinsam wollte man zum Friedhof fahren. Wie oft war sie schon hier am Bahnhof in den Bus gestiegen um zu ihm zu fahren und nun hies es plötzlich das wäre nicht mehr möglich. Außerdem wieso musste es ausgerechnet heute so ein schöner Tag sein, es müsste eigentlich Regnen dachte sie sich immerhin war heute einer der traurigsten Tage den es gab. Endlich entdeckte sie ihre Schwester und ging auf diese zu, mit aus dem Auto stieg aber nicht der Freund ihrer Schwester, nicht der Mann den sie erwartet hatte. Niemand anderes als ihr eigener Ex-Freund und bester Freund ihrer Schwester stand nun vor ihr. Als wenn der Tag nicht schon schwer genug zu ertragen war sollte es etwa noch schwerer werden in dem sie nun auch noch diesen Mann ertragen musste. Er war manipulativ und sie traute ihm mittlerweile nicht mehr einen einzigen Zentimeter über den Weg. Es blieb ihr aber nichts anderes über als ebenfalls in den Wagen zu steigen, sie hatten eine Verabredung auf dem Friedhof.
Auf dem Friedhof angekommen stieg sie aus dem Wagen, das weiße Eingangstor sah für sie aus als wenn es eine Barriere wäre und es daher eigentlich vollkommen unmöglich war durch dieses Tor hindurch zugehen. Ihre Schwester und der blöde Ex gingen aber beide hindurch und so folgte sie den beiden schließlich. Auf dem Platz vor der Kapelle stand die restliche Verwandtschaft, ihre Stiefmutter, ihre Stiefgeschwister, die Tante. Jeder von ihnen umarmte sie und auch wenn sie sich irgendwie freute diese Leute zu sehen war das doch eindeutig der falsche Tag. Sie murmelte ihrer Tante etwas zu, das sie doch nicht verstehen konnte wieso das alles hier heute passierte. Es war gestern doch ihr Geburtstag gewesen, das heute hier durfte einfach nicht sein, aber ihre Tante verstand nicht ein Wort von dem was sie sagen wollte.
Ein Mann bat nun die Trauergäste in die Kapelle und langsam gingen alle hinein. Vorne stand ein Sarg aus hellem Holz und darum ganz viele Blumen. Ihr kam die Beerdigung ihrer Großmutter in den Sinn und sie fürchtete das heute schon wieder durch machen zu müssen. Langweilige Gebete und ein Pfarrer der von Gott und Jesus sprach aber nicht von der Person die gestorben war. Während sie sich setzte schaute sie sich den Sarg an und fragte sich die ganze Zeit ob das vielleicht alles nur ein Scherz war. Immerhin war dieser Sarg doch eindeutig viel zu klein, da würde er niemals reinpassen. Es war vollkommen ausgeschlossen das er darin liegen konnte.
Der Gottesdienst begann und der Pfarrer sprach tatsächlich von dem Mann der in dem Sarg liegen sollte, nur das sie irgendwie sich von dem Gedanken nicht lösen konnte das es nicht möglich war. Sicherlich man hatte auf die Möglichkeit verzichtet ihn noch einmal zu sehen. Sie hätte es sicherlich nicht ertragen ihn mit all den Verletzungen anschauen zu müssen, nur war aber doch der Sarg einfach zu klein. Es erklang Musik in der kleinen Kapelle, Truckermusik und irgendwie fragte sie sich wie das möglich sein konnte. Ja es war eindeutig seine Musik aber das so etwas auf einer Beerdigung gespielt wurde konnte nicht sein. Mittlerweile war sie schon etwas besser in der Lage dem Mann zuzuhören der vorne stand und von dem Leben sprach das der verstorbene geführt hatte. Die Tränen verschleiherten ihr den Blick, er wurde irgendwie etwas trübe und dann fiel ihr ein das sie vergessen hatte Taschentücher mitzunehmen. Wer bei klarem Verstand würde auf eine Beerdigung gehen und vergesen Taschentücher einzustecken. Nun eindeutig war sie nicht bei klarem Verstand, sie schaffte es nicht mal ihrer Stiefschwester ein lächeln rüber zu schicken als diese ihr dann ein Paket Taschentücher rüber reichte. Mehrere Männer kamen nach vorne und hoben den Sarg von seinem gestell, dabei wurde das Lied Amazing Grace gespielt und sie heulte so stark das sie dachte in ihren eignen Tränen ertrinken zu müssen. Langsam folgten alle dem Sarg, dieser wurde auf einen kleinen Wagen gestellt und damit ging es dann zur Grabstelle.
Das nächste was sie wieder bewusst erlebt war das alle nun eine Blume auf den Sarg warfen und ihre Schwester ihr ebenso eine Blume in die Hand drückte. Mittlerweile lagen einige Blumen auf dem Sarg und sie verfluchte ihren Mann dafür das sie hier alleine stehen musste. Nun hatte sie ihn aber auch nicht extra gebeten das er mitkam. Irgendwie hatte sie erwartet gehabt das er von sich aus das Anbot. Wenn er auch eigentlich ein sehr intelligenter Kerl war in dem Fall hatte er einfach nichts kapiert. Als nächstes schüttelte sie von zahlreichen Personen die Hand, teilweise von Personen die sie nicht einmal kannte und alle erklärten ihr das es ihnen doch besonders leid tat.
Das ganze ging alles so schnell, eben war man in der Kapelle nun hier und schon sollten alle weiter fahren um in einem Gasthaus um die Ecke zusammen zu sitzen und etwas zu Essen.
Hunger hatte sie nun wirklich keinen und ihr gingen noch soviele andere Fragen durch den Kopf. Wieso hatte er sein versprechen gebrochen gehabt, bisher hatte er nie ein versprechen gebrochen gehabt aber wieso den ausgerechnet jetzt.
Im Gasthaus lagen auf dem Tisch viele Bilder von ihm auf Papier ausgedruckt herum, es wurden Getränke gebracht und alle erzählten von ihren schönsten Momenten mit ihm. Nur sie konnte sich auf nichts konzentrieren, immer noch diese Fragen in ihrem Kopf und nicht eine kleine Chance darauf sich irgendwie zusammenreißen zu können. Daher staarte sie eines der Bilder einfach nur an, warum war sie hier, warum musste das alles passieren. Ihr Ex-Freund versuchte ein Gespräch aufzubauen und in diesem Augenblick war sie fast dankbar das er es versuchte, den auch wenn sie sich nicht auf das Gespräch konzentrieren konnte so freute sie sich über etwas ablenkung.
Das Essen konnte sie kaum anrühren und schneller als erwartet erklärten die ersten Gäste auch schon das sie nach Hause fahren müssten. Ihre Stiefmutter meinte das sie dann auch alles verlagern würden. Man wollte noch einmal zum Grab hin und dann zu ihr nach Hause. Sollte sie mitfahren war nun die Frage und alles in ihr sagte eindeutig nein. Wie sollte sie diese Wohnung betreten können ohne das er da ist. Sie fuhr mit zum Grab, wo ein großer Haufen Erde war und dazu die ganzen Blumengränze aus der Kirche. Sie hockte sich auf das Stück Kunstrasen das dort war und fing erneut an zu weinen. Ihre kleine Schwester gesellte sich zu ihr. „Der Sarg ist viel zu klein“ endlich war diese Aussage raus und nun würde ihre Schwester ihr sagen das er eigentlich nicht Tod war und das alles nur ein schlimmer Albtraum. „Er macht es sich darin halt bequem“ war ihre Antwort. Ihr kamen die Bilder von dem Sarg in den Sinn und irgendwie ergab das da Sinn. „Er hat versprochen mich zu meinem Geburtstag anzurufen, er hat es versprochen“ der nächste versuch das es doch nur ein Albtraum war. Nie hatte er ein Versprechen seinen Töchtern gegenüber gebrochen. Naja ok die Mädchen kannten ihn erst seit 8 Jahren und waren beide schon über 20.
„Im Himmel ist das Telefon vermutlich kaputt“ erstaunt blickte sie ihre Schwester an, das war sie Lösung. Nicht das sie ihre Schwester für besonders schlau hielt aber gerade jetzt war das doch wirklich das einzig mögliche. Das Telefon funktionierte im Himmel nicht. Ihre Schwester sammelte das Häufchen Elend ein und ehe sie sich versah waren sie auch mit der Stiefmutter zu seiner Wohnung gefahren.
Man setzte sich gemeinsam auf die Terasse und weitere Geschichten wurden erzählt. Ihr Blick hing aber die ganze Zeit an der Tür, er musste jeden Moment durch diese Tür kommen. Er war immer durch diese Tür gekommen. Irgendwann ertrug sie den Gedanken nicht mehr und machte sich auf den Weg nach Hause.

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